Ein Gestaltungsbeirat für Dresden – Erfahrungsaustausch mit Mitgliedern der Beiräte in Erfurt, Ingolstadt und Leipzig
Veranstaltung des ZEITGENOESSEN e.V. vom 13. April 2015
in den Räumen der OBERÜBER KARGER Kommunikationsagentur GmbH, Devrientstrasse 11
Gäste:
Herr Professor Mann, vormaliger Vorsitzender des Gestaltungsbeirates in Erfurt
Herr Lang, Stadtrat in Ingolstadt
Herr Schlegel, Stadtrat in Leipzig
Frau Muth, Stadträtin Dresden
Herr Löser, Stadtrat Dresden
Herr Stahlmann-Fischer, Stadtrat Dresden
Herr Rentsch, Stadtrat Dresden
und 15 Mitglieder des ZEITGENOSSEN e.V. sowie des BDA Sachsen
Information und Erfahrungsbericht Herr Prof. Mann, Erfurt:
Der Beirat in Erfurt wurde vor sieben Jahren gebildet. Die ursprüngliche Befürchtung, dass Projektabläufe verkompliziert werden, hat sich nicht bewahrheitet. Vielmehr konnte aufgrund der gelungenen Abstimmungen teilweise eine Beschleunigung erreicht werden.
Von der Methodik der öffentlichen Sitzungen wurde Abstand genommen, da in nicht öffentlicher Sitzung den Maßgaben des Datenschutzes und des intensiveren Austauschs besser Rechnung getragen werden kann.
Der Bauausschuss des Stadtrates ist mittels dreier, nicht stimmberechtigter Mitglieder vertreten.
Die stimmberechtigten Mitglieder sind externe Planerinnen und Planer, die nicht in Erfurt ihren Wohnsitz haben. Somit werden Neutralität gewährleistet und Interessenkonflikte vermieden.
Die Einladungen an die Projektträger erfolgen möglichst zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Planungsphase.
Die Themen der Sitzungen werden von der handelnden Verwaltung (Stadtplanungsamt, Bauaufsichtsamt etc.) eingebracht.
Die Sitzungen werden i.d.R. von 13 – 18:30 Uhr statt. Die Projektstandorte (i.d.R. 3 – 5) werden mit einem Kleinbus abgefahren.
Das Protokoll der Sitzungen wird von der Geschäftsstelle des Beirates erstellt und von dem Vorsitzenden gegengelesen sowie unterzeichnet.
Information und Erfahrungsbericht durch Herrn Lange, Ingolstadt:
Die Sitzungen des Beirates in Ingolstadt finden i.d.R. viermal im Jahr statt.
Auch in Ingolstadt ist der Stadtrat mit nicht stimmberechtigten Mitgliedern vertreten. Fünf nicht in Ingolstadt ansässige Architektinnen und Architekten sind stimmberechtigt.
I.d.R. wird sehr intensiv zwischen den Fachplanern und Stadträten diskutiert. Teilweise fehlt es an wechselseitigem Verständnis der jeweiligen Belange.
Die Empfehlungen des Beirates werden im Fachausschuss des Stadtrates vorgetragen.
Unter Berücksichtigung des Datenschutzes wird ein hoher Grad an Öffentlichkeit empfohlen.
Information und Erfahrungsbericht durch Herrn Schlegel, Leipzig:
Der Gestaltungsbeirat (hier: Gestaltungsforum) ist in Leipzig nur ein Instrument für Baukultur. Daneben finden Bürgerforen, Workshops und Wettbewerbe eine maßgebliche Anwendung.
Seit 2009 wurden 123 Projekte besprochen. Eingang finden Projekte des Stadtzentrums, entlang der Magistralen und Leitpojekte in den Stadtteilen.
Die Sitzungen sind nicht öffentlich.
Jurierte Ergebnisse von Wettbewerben werden per se anerkannt. Eine Verknüpfung zum Gestaltungsforum wird mittels Vertretung eines Mitglieds in der Jury geweährleistet.
Externe Architektinnen und Architekten sind die stimmberechtigten Mitglieder. Sie dürfen während ihrer Mitgliedschaft keine Projekte in Leipzig vertreten.
Auch hier sind Vertreter des Stadtrates nicht stimmberechtigte Mitglieder. Es wird eingeschätzt, dass die Diskussion von Jahr zu Jahr an Tiefe gewonnen hat und auch die Stadträte fachlich partizipieren.
Die Mitgliedschaft unterliegt einer zweijährigen Rotation mit der Option einer einmaligen Verlängerung.
Die Projekte werden diskutiert und erhalten am Ende eine schriftliche Einschätzung von einem der stimmberechtigten Mitglieder.
Im Anschluss an die drei Erfahrungsberichte werden Fragen u.a. nach dem Grad der Öffentlichkeit, der Relevanz, der Neutralität gestellt.
Unisono wird von Seiten der Erfahrungsträger geäußert, dass die jeweiligen Gestaltungsbeiräte ein wichtiges Instrument der Vermittlung von Planen und Bauen in die Bürgergesellschaft hinein darstellen.
Es wird empfohlen, den Stadtrat mittels nicht stimmberechtigter Mitglieder einzubinden und die Sitzungen nicht öffentlich durchzuführen – jedoch mittels Berichte (mindestens an den Fachausschuss) mittelbar für Öffentlichkeit und Transparenz Sorge zu tragen. Vorbehaltlich des Einverständnisses der Vorhabenträger könnten auch gemeinsame Presseinformationen gegeben bzw. Pressetermine veranstaltet werden.
Die stimmberechtigten Mitglieder sollten nicht am jeweiligen Ort leben und arbeiten. Die Kenntnis um den Ort und die Stimme der Bürgerschaft wird ausreichend durch die Vertretungen des Stadtrates gesichert. Unbedingt vermieden werden sollte eine Diskussion „von oben herab“. Diskussion und Protokolle müssen allgemeinverständlich sein.
Im Rahmen seiner Geschäftsordnung sollte der Gestaltungsbeirat durchaus initiativ werden und bspw. Wettbewerbe für eine Standortentwicklung vorschlagen können. Die Initiierung städtebaulicher Diskussionen für ein sehr großes Areal würde jedoch einen Gestaltungsbeirat „überfordern“, dessen Aufgabe in erster Linie in den Empfehlungen für eine dem Ort angemessene Gestaltung konkreter Projekte liegt.
Wir danken allen Teilnehmern an der Veranstaltung, insbesondere den nach Dresden angereisten Gästen. Die Erfahrungsberichte und die anschließende Diskussion stellen einen wichtigen Baustein für die Bildung der für Dresden beabsichtigten Gestaltungskommission dar.